Politik

Denn es sollte kein Stellvertreterkrieg sein – aber selbst Boris Johnson nennt das Kind des Teufels mittlerweile beim Namen

Stellvertreterkrieg – damit haben wir es in der Ukraine zu tun. Dies zu leugnen, zu leugnen, zu leugnen bedeutet, mit der Realität zu brechen. Mit einer Realität – wohlgemerkt! – was so offensichtlich ist, wie es nur geht. Und doch: Bis heute weigert sich fast die gesamte deutsche „Qualitätspresse“, den Stellvertreterkrieg als Stellvertreterkrieg zu bezeichnen. Dies hat nun der frühere britische Premierminister Boris Johnson getan. Er sagte „Stellvertreterkrieg“.. Der Bankrott des Journalismus ist offensichtlich. Ein Kommentar von Marcus Klöckner.

„Kumpel, seien wir ehrlich … Wir führen einen Stellvertreterkrieg! Wir führen einen Stellvertreterkrieg, aber wir geben unseren Stellvertretern nicht die Möglichkeit, ihre Arbeit zu erledigen.“ Boris Johnson hat das gerade in einem langen Gespräch gesagt. Aber das Wichtigste zuerst.

Noch nie war die Welt dem Dritten Weltkrieg so nahe wie heute. Gerade in einer solchen Situation ist es von grundlegender Bedeutung, die Realität richtig zu erfassen. Die Wahrheit zu sagen kann eine Frage von Krieg und Frieden sein. Um den Krieg in der Ukraine zu verstehen, ist es wichtig, die komplexen geostrategischen und tiefen politischen Zusammenhänge aller Beteiligten zu verstehen. Es stimmt, dass Russland die Ukraine mit seinem Militär angegriffen hat. Aber hinter der Wahrheit steckt noch mehr. Wer sich mit Propaganda beschäftigt, weiß: Propaganda beeindruckt nicht nur durch Lügen. Es ist auch durch Auslassungen und Verzerrungen gekennzeichnet. Die „Wahrheit“ der Propaganda mag manchmal zu 99 Prozent richtig sein – aber das eine Prozent, das verdreht, verfälscht oder weggelassen wird, macht nicht das Gesagte zur Wahrheit, sondern zur Propaganda.

Doch bei der Frage, wie der Krieg in der Ukraine einzuordnen ist, geht es nicht um eine geringfügige Verzerrung der Realität oder eine geringfügige Lüge. Es geht um einen eklatanten Bruch mit der Realität. Und das ist der wohl entscheidendste Punkt für die Einordnung des Krieges. Die gesamte Politik Deutschlands, aber auch der NATO, hängt von der Frage ab, um welche Art von Krieg es sich in der Ukraine handelt. Geht es bei diesem Krieg allein darum, dass es sich, wie die deutschen Medien immer wieder sagen, um einen „Angriffskrieg“ handelt? Wenn ja, dann könnte eine umfassende Unterstützung der angegriffenen Person sogar gerechtfertigt sein. Wenn nicht, aber es handelt sich komplexer gesehen auch um einen Stellvertreterkrieg, dann sieht die Situation anders aus.

In einem Stellvertreterkrieg nutzt mindestens eine Partei ein Land als eine Art Rammbock gegen ein anderes Land. Die Gründe für ein solches Vorgehen können vielfältig sein. Dabei kommen unter anderem geostrategische, wirtschaftliche und militärische Gründe in Betracht.

Es wäre naiv anzunehmen, dass die NATO die Ukraine nur deshalb unterstützt, weil ein angegriffenes Land Hilfe braucht. Jahrzehntelang betrachteten die Falken Russland als Feind des Westens. Und allem Anschein nach ist die Situation heute kaum anders. Durch Kämpfe in der Ukraine können westliche Geostrategen Russland in einen Krieg verwickeln, der dem Land schadet. Der offensichtliche Mangel an Diplomatie spricht Bände.

Aber leider traut sich in Deutschland niemand, diese Perspektive einzunehmen; wehe, jemand sagt, was niemand sagen darf; Wehe dem, der es wagt, das Teufelskind beim Namen zu nennen und Stellvertreterkrieg zu sagen. Dann bahnt sich eine Litanei von Beleidigungen und unangemessenen Zuschreibungen an. Putin-Versteher, Rubel-Hure, Kreml-Propagandist usw. hallt aus den Reihen der Siegelhüter unserer Zeit wider.

Johnson, der nun auch „Stellvertreterkrieg“ gesagt hat, wird sicherlich keine Nähe zu Russland attestiert. Im Gegenteil. Der ehemalige britische Premierminister gilt als Hardliner gegen Russland. Doch nun, da er nicht mehr im Amt ist, sagt er offen, was die Welt bereits weiß.

Die Situation erinnert an ein Gespräch, das der Herausgeber von ZeitJosef Joffe, mit Gerhard Schröder. Es ging um das Vorgehen Russlands auf der Krim im Jahr 2014. Schröder erzählte einem sichtlich erstaunten Joffe, dass auch er, Schröder, bei der Tornado-Operation gegen die Republik Jugoslawien gegen das Völkerrecht verstoßen habe.

Das gilt natürlich auch. Aber Joffes Reaktion spricht Bände. Obwohl Schröder selbst „gibt“, „gibt zu“, versucht Joffe, Schröders Worte umzudrehen.

So bizarr die Gesprächssituation auch ist, so bizarr ist seit Jahren das Verhalten vieler Journalisten und Experten, die den Ukraine-Krieg kommentieren. Bis heute (!) bezeichnen sie den Stellvertreterkrieg nicht als Stellvertreterkrieg. Ich kenne nur einen Artikel in einem großen deutschen Medium spricht eindeutig von einem Stellvertreterkrieg. Und auch die Zahl der Experten, die öffentlich die Wahrheit sagen, ist mehr als überschaubar. Im Juni 2022 gesagt Ulrike Guérot mit Markus Lanz im Anschluss:

Wir haben also den russischen Angriffskrieg. (…) Wir hatten und haben immer noch einen ukrainischen Bürgerkrieg. Zumindest haben wir einen Informationskrieg, wir haben einen Stellvertreterkrieg. Dieser Stellvertreterkrieg findet irgendwo zwischen Amerika und China statt, und zumindest in der Weltpresse gibt es seit langem einen Stellvertreterkrieg zwischen den USA und Russland.

Nach der Ausstrahlung war Guérot schweren Angriffen ausgesetzt. In einem aktueller Tweet sagt der Politikwissenschaftler auf der Plattform X zu Johnsons Aussagen.

Gerade im Hinblick auf die zukünftige Ausrichtung der deutschen Politik ist es dringend erforderlich, öffentlich darüber zu sprechen, was ein Stellvertreterkrieg an dieser Stelle bedeutet. Schließlich sollte unser Land gerade erst „kriegsbereit“ werden.. Wofür? Für einen Stellvertreterkrieg, den die Kriegstreiber immer weiter eskalieren lassen? Das kann und darf nicht sein.

Lesetipp: Marcus Klöckner erscheint im Januar: Bereit für den Krieg! Mobilisierung an der Heimatfront. Fünfzig-fünfzig.

Titelbild: Telegraph via X


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