Politik

Deutsche Medien ignorieren den Rumänien-Skandal weiterhin

In Rumänien wurde eine Wahl aus absurden Gründen für „ungültig“ erklärt – und die großen deutschen Medien (mit einer Ausnahme) akzeptieren dies auch so. Wie so oft, wenn die „falsche Person“ gewinnt, geraten demokratische Prinzipien schnell in Vergessenheit. Ein Kommentar von Tobias Riegel.

Am 6. Dezember, zwei Tage vor der entscheidenden Stichwahl, erklärte das rumänische Verfassungsgericht die Präsidentschaftswahl wegen „ausländischen Einflusses“ für ungültig und ordnete eine vollständige Neuwahl an. Im ersten Wahlgang am 24. November erhielt der als „russlandfreundlich“ bezeichnete nationalkonservative Kandidat Călin Georgescu mit knapp 23 Prozent die meisten Stimmen. Zweite wurde die „Liberale“ Elena Lasconi. Der sozialdemokratische Ministerpräsident Marcel Ciolacu belegte den dritten Platz und durfte daher nicht mehr an der Stichwahl teilnehmen. Weitere Hintergrundinformationen finden Sie beispielsweise hier in dieser Nachricht von Multipolar.

Der Prozess, die Präsidentschaftswahl für ungültig zu erklären, ist skandalös und beispiellos. In der deutschen Medienlandschaft wird es jedoch extra tief angehängt: Entweder ist die Berichterstattung beispielsweise sehr kurz und unauffällig hier drin Spiegeloder das skandalöse Urteil und die lächerliche Begründung mit einer ausländischen Tik Tok-Kampagne werden sogar verteidigt. Zudem wird offenbar naiv gefragt, ob eine solche Manipulation „auch hier“ möglich sei, womit indirekt behauptet wird, dass die mittlerweile skandalisierten TikTok-Videos tatsächlich wahlentscheidend in Rumänien gewesen seien.

Beunruhigende Fragen, ob es auch „bei uns“ bald möglich sein könnte, dass Wahlen ungültig werden, weil ein unbequemer Kandidat zu viele Stimmen erhalten hat, konnte ich in den großen deutschen Medien allerdings nicht finden. Mit einer Ausnahme (bitte darauf hinweisen, falls ich kritische Artikel in „etablierten“ Medien übersehen habe) – dieser Quaddel hat einen mit dem Titel „Ein Coup mit einer legalistischen Fassade“. Kommentar zu dem ungeheuerlichen Ereignis verfasstwelches besagt:

Wohlgemerkt: Niemand äußert den Verdacht, dass es zu massivem Wahlbetrug gekommen sei. Niemand behauptet, dass hier Tote gewählt hätten oder dass die örtlichen Wahlhelfer die Abstimmung manipuliert hätten. Die Wahlen wurden nach allen verfassungsrechtlichen Kriterien korrekt durchgeführt. Die Wahlabsage basiert auf der Theorie, dass rumänische Wähler zu dumm seien, um eine freie Entscheidung zu treffen.“

Und die Reaktion der deutschen Medien auf den undemokratischen Akt lässt sich treffend formulieren:

Sie verkündeten die Nachricht mit so viel Schulterzucken und Routine, als ob ein Fußballspiel in der dritten Liga wiederholt werden „musste“. Gegen die abenteuerliche Theorie, dass eine Präsidentschaftswahl wegen TikTok-Videos ungültig sei, gibt es kaum grundsätzliche Einwände.“

Zu dieser Beschreibung passen auch aktuelle Berichte vom gestrigen Mittwoch über eine „proeuropäische“ Koalitionsbildung in Rumänien, z hier drin Deutschlandfunkin dem die Annullierung der Präsidentschaftswahl in einem Satz verkündet wird, als ob ein Drittligaspiel abgesagt worden wäre. Politik auf EU-Ebene, die ansonsten nicht davor zurückschreckt, Regierungen öffentlich zu ermahnen, hat sich bisher noch überhaupt nicht dazu geäußert. Dabei soll nicht das Phänomen der ausländischen Einmischung verharmlost werden, sondern einerseits die konkreten Dimensionen, die nun im Fall Rumäniens vorliegen nach Angaben des rumänischen Geheimdienstes Im Raum stehend, kein überzeugender Grund für den radikalen Ansatz. Und andererseits müsste die Einmischung natürlich für alle Lager, auch für die Pro-NATO-Fraktion, geprüft und verboten werden.

„Wahlmanipulation – auch in Deutschland denkbar?“

Einige Medien gehen über das hinaus Quaddel die betonte Routine beschrieben. Es werden Fragen mit dem oben erwähnten „naiven“ Charakter gestellt, die indirekt auf eine echte Grundlage für die TikTok-Behauptung schließen lassen Die Bayerischer Rundfunk: „Wahlmanipulation in Rumänien: Auch in Deutschland denkbar?“ Der ER TUT Schlagzeilen: „Wie Tiktok bei Wahlen in Rumänien hilft“. Ein in ZDF zitiert Die Sorge, dass es in Deutschland zu „ähnlichen Verhältnissen“ kommen könnte, bestehe „schon seit der Bundestagswahl 2021“, sagen Experten.

Laut „Tagesschau“ Der Verfassungsexperte Liviu Draganescu hält „die Entscheidung der Richter für richtig“. Und der Politologe Valeriu Turcan (der das Urteil ebenfalls unterstützt) hält „das Ausmaß der Manipulation für neu“. Zumindest zitiert die „Tagesschau“ auch kritische Stimmen aus Rumänien, obwohl diese in Deutschland offenbar nicht zu existieren scheinen. Die „liberale“ rumänische Kandidatin Elena Lasconi sagte zur Annullierung der Wahl:

„Heute ist der Moment, in dem der rumänische Staat die Demokratie mit Füßen getreten hat. (…) Hier geht es nicht um mich. Die Demokratie bricht zusammen. Sie zerstören die Demokratie. Sie stürzen das Land in Anarchie.

Sterben ER TUT findet dagegendass die „Notbremse“ in Rumänien „zu spät“ gezogen wurde. Und behauptet:

Die Absage der rumänischen Präsidentschaftswahl ist eine historische Premiere. Die Entscheidung des Verfassungsgerichts, eine angeblich von Russland orchestrierte Cyberkampagne zugunsten des rechtsradikalen Kandidaten Călin Georgescu zu ahnden, mag auf den ersten Blick wie ein Triumph des Rechtsstaats erscheinen. Aber es kommt zu spät – und trocknet den Boden, auf den Georgescus Wahlkampf gefallen ist, nicht aus.“

Ein Grund dafür, dass es in Rumänien so starken Widerstand gegen einen russlandfreundlichen Präsidentschaftskandidaten gibt, könnte unter anderem darin liegen In Rumänien entsteht derzeit Europas größter NATO-Stützpunkt. Aber das ist wahrscheinlich nur ein Zufall.

Titelbild: RaffMaster/shutterstock.com


Source link

Ähnliche Artikel

Überprüfen Sie auch
Schließen
Schaltfläche "Zurück zum Anfang"