Marktbericht: DAX-Turnaround mit Folgen | tagesschau.de

marktbericht
Der DAX hat gestern eine scharfe Kehrtwende aufs Parkett gelegt und eine wichtige Unterstützung gerissen. Die weiteren Perspektiven am deutschen Aktienmarkt haben sich damit auf einen Schlag deutlich eingetrübt.
Wie nah Freud und Leid am Aktienmarkt beieinander liegen – dafür ist der gestrige Handelstag ein Paradebeispiel. Die anfängliche Nvidia-Euphorie schlug rasch in Ernüchterung um, Zinsängste griffen um sich. Die Konsequenz: Der DAX schloss 0,7 Prozent tiefer bei 15.621 Punkten, nachdem er im frühen Handel noch bis auf 15.897 Zähler gestiegen war.
Dass der DAX nahezu auf dem Tagestief aus dem Handel ging, ist kein gutes Zeichen. Tatsächlich bahnen sich am letzten Handelstag der Woche weitere Verluste an. Der Broker IG taxiert den deutschen Leitindex zur Stunde 0,3 Prozent tiefer bei 15.574 Punkten.
Mit dem gestrigen Kursrutsch haben sich die charttechnischen Perspektiven im DAX schlagartig eingetrübt, hat das Börsenbarometer dabei doch die wichtige Unterstützungszone bei 15.700 Punkten gerissen. Die Tiefpunkte aus dem August und Juli bei 15.469/15.456 Zählern rücken nun bereits wieder in den Fokus der technisch orientierten Anleger.
Aus fundamentaler Perspektive sind es in erster Linie die in Zuge robuster Konjunkturdaten neu aufgekommenen Zinsängste und die damit einhergehenden steigenden Anleiherenditen, die den Anlegerinnen und Anlegern den Appetit auf Aktien verdorben haben. Investoren warten nun mit Spannung auf die heute anstehenden Reden von Reden von Fed-Chef Jerome Powell und EZB-Chefin Christine Lagarde auf der Notenbanker-Konferenz in Jackson Hole.
“Erwartet wird eine ausbalancierte Rede, die die Tür zu einem weiteren Zinsanstieg nicht zuschlägt”, erklärt Marktexperte Robert Rethfeld von Wellenreiter-Invest mit Blick auf die Powell-Rede. “Die Wahrscheinlichkeit für eine Zinserhöhung am 1. November beträgt nicht unerhebliche 42 Prozent.”
An der Wall Street hatte die Anleger vor diesem Hintergrund im Laufe des Handelstages der Mut verlassen. Der Dow-Jones-Index der Standardwerte schloss gestern 1,1 Prozent tiefer auf 34.099 Punkte. Der technologielastige Nasdaq gab 1,9 Prozent auf 13.463,97 Punkte nach. Der breit gefasste S&P 500 büßte 1,3 Prozent auf 4.376 Punkte ein.
Einige Marktexperte verweisen aber auch auf die alte Börsenstrategie “buy the rumour, sell the fact” – kaufe das Gerücht, verkaufe die Nachricht. Die Märkte waren auch in Erwartung hervorragender Nvidia-Zahlen schon an den Vortagen gestiegen. Als dann Nvidia tatsächlich herausragend gute Zahlen vermeldete, war das für viele Anlegerinnen und Anleger der perfekte Anlass, Gewinne mitzunehmen.
Die negativen Vorgaben von der Wall Street lassen auch die Anleger an den asiatischen Aktienmärkten nicht kalt. Der 225 Werte umfassende japanische Leitindex Nikkei bricht kurz vor Handelsschluss in Tokio um 2,0 Prozent ein, vor allem Tech-Werte stehen massiv unter Druck. Die Börse in Shanghai notiert aktuell 0,5 Prozent im Minus.
Die wieder gestiegenen US-Zinserwartungen spiegeln sich auch am Devisenmarkt wider: Der Dollar zeigt zu wichtigen Währungen Stärke. Parallel dazu fällt der Euro am Morgen weiter zurück und rutscht unter die Marke von 1,08 Dollar. Aktuell wird die Gemeinschaftswährung bei 1,0781 Dollar gehandelt.
Im weiteren Tagesverlauf könnte der um 10 Uhr anstehende ifo-Index – der wichtigste deutsche Konjunkturfrühindikator – für Bewegung an den Devisen- und Aktienmärkten sorgen. Die Feinunze Gold kostet aktuell 1.914 Dollar.
Am deutschen Aktienmarkt macht am Morgen TUI auf sich aufmerksam. Der Reisekonzern eröffnet heute in Hannover seine neue Konzernzentrale. Zwei Jahre lang war am “TUI Campus” am bisherigen Sitz von TUI Deutschland gebaut worden. 40 Prozent des Gebäudes wurde nach Konzernangaben komplett neu gestaltet. Zur Eröffnung wird auch Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) erwartet.
Trotz anhaltender Konjunkturschwäche rechnet der Markenchef des Autobauers Renault dieses Jahr mit höheren Absatzzahlen für elektrisch angetriebene Fahrzeuge. “Seit Beginn des Jahres stellen wir eine zunehmende Nachfrage nach Elektroautos fest”, sagte Fabrice Cambolive in einem Interview mit dem Fachmagazin “Autogazette”. Deshalb gehe er für Renault auch in 2023 von einem Zuwachs bei den Elektroautos aus.
Die gewerkschaftlich organisierten Beschäftigten des südkoreanischen Autoherstellers Hyundai wollen heute über einen Streik abstimmen. Die zweimonatigen Gespräche mit dem Unternehmen über Lohnerhöhungen und die Verlängerung des Rentenalters waren vergangene Woche ins Stocken geraten waren. Sollten die Mitarbeiter streiken, wäre dies der erste Streik seit fünf Jahren für das Unternehmen.
Im Batteriewerk Ultium Cells in Ohio, einem Joint-Venture von General Motos und LG, sollen die Löhne der Mitarbeiter um durchschnittlich 25 Prozent angehoben werden. Im Vorfeld hatten Demokratische Senatoren und die Gewerkschaft United Auto Workers (UAW) Ultium Cells monatelang öffentlich die niedrigen Löhne in dem Werk in Ohio kritisiert.
Mit Informationen von Angela Göpfert, ARD-Finanzredaktion.
Source link